Interview mit Rechtsanwalt Jens Reime: Enespa AG und das Risiko eines Totalverlusts für Anleger

Frage: Herr Reime, der Prospekt der Enespa AG beschreibt eine Anleihe mit einer Verzinsung von 5,75 % pro Jahr, die über fünf Jahre läuft. Welche wesentlichen Risiken sehen Sie aus Anlegersicht bei diesem Angebot?

Jens Reime: Zunächst einmal ist es wichtig zu betonen, dass jede Kapitalanlage Risiken birgt. Bei der Anleihe der Enespa AG gibt es jedoch einige spezifische Risiken, die Anleger sorgfältig abwägen sollten. Eines der größten Risiken, das auch im Prospekt erwähnt wird, ist das Totalverlustrisiko. Dies bedeutet, dass Anleger im schlimmsten Fall ihr gesamtes investiertes Kapital verlieren können. Dieses Risiko besteht insbesondere dann, wenn die Emittentin, in diesem Fall die Enespa AG, zahlungsunfähig wird oder in Insolvenz gerät.

Frage: Welche Anzeichen gibt es dafür, dass dieses Risiko bei der Enespa AG besonders hoch ist?

Jens Reime: Der Prospekt selbst weist auf eine Überschuldung der Gesellschaft hin. Per 31.12.2023 betrug die Überschuldung über 1,2 Millionen CHF, was durch Kapitalerhöhungen und Einlagen der Muttergesellschaft ausgeglichen wurde. Das Eigenkapital ist daher sehr dünn, und die finanzielle Stabilität hängt stark von der kontinuierlichen Unterstützung der Muttergesellschaft ab. Sollte diese Unterstützung ausbleiben oder die finanziellen Ziele der Enespa-Unternehmen nicht erreicht werden, könnte die Emittentin Schwierigkeiten haben, ihre Verpflichtungen zu erfüllen.

Frage: Wie sieht es mit der Handelbarkeit dieser Anleihe aus? Könnten Anleger ihre Anteile im Notfall verkaufen?

Jens Reime: Hier gibt es ebenfalls erhebliche Einschränkungen. Die Anleihe ist an keinem geregelten Markt zugelassen und wird über kein Handelssystem gehandelt. Das bedeutet, dass Anleger möglicherweise keinen Käufer finden, wenn sie ihre Anteile verkaufen möchten. Diese Illiquidität erhöht das Risiko, da Anleger unter Umständen bis zum Ende der Laufzeit gebunden sind und keine Möglichkeit haben, auf veränderte finanzielle Umstände zu reagieren.

Frage: Was bedeutet das konkret für die Anleger, die darüber nachdenken, in diese Anleihe zu investieren?

Jens Reime: Anleger sollten sich bewusst sein, dass sie hier eine spekulative Anlage tätigen, die mit erheblichen Risiken verbunden ist. Ein Totalverlust ist, wie gesagt, nicht auszuschließen. Es ist unerlässlich, dass Anleger ihre finanzielle Situation realistisch einschätzen und sich fragen, ob sie einen solchen Verlust wirtschaftlich verkraften können. Darüber hinaus sollten sie in Betracht ziehen, dass es keine Sicherheiten gibt, die ihr investiertes Kapital schützen könnten. Wer hier investiert, sollte sich dieser Risiken sehr bewusst sein und im Zweifelsfall professionelle Beratung in Anspruch nehmen.

Frage: Gibt es Maßnahmen, die Anleger ergreifen können, um sich besser zu schützen?

Jens Reime: Eine gründliche Prüfung des gesamten Prospekts und eine realistische Einschätzung der eigenen Risikobereitschaft sind essenziell. Zudem sollten Anleger überlegen, ihr Kapital in verschiedene Anlageformen zu streuen, um das Risiko zu minimieren. Wer sich nicht sicher ist, ob eine solche Investition zu seiner finanziellen Situation passt, sollte unbedingt einen unabhängigen Finanzberater konsultieren.

Frage: Vielen Dank, Herr Reime, für diese aufschlussreiche Analyse.

Jens Reime: Sehr gerne. Anleger sollten immer wachsam sein und sich umfassend informieren, bevor sie Investitionsentscheidungen treffen.


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